„60000 bis 70000 Sozialwohnungen fallen jedes Jahr aus der Mietpreisbindung“, diese
erschreckende Festellung traf der wohnungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Christian Kühn, bei einer Veranstaltung der Hockenheimer Grünen zum Thema „Bezahlbarer Wohnraum für alle“.
Adolf Härdle konnte namens des Ortsverbandes Hockenheim Bündnis 90/Die Grünen neben dem Referenten, den Landtagsabgeordneten Manfred Kern, grüne Mandatsträger aus der Region und zahlreiche Besucher begrüßen.
Von l.: Kreisvorstand Adolf Härdle, MdB Chris Kühn und MdL Manfred Kern
Wohnen ein Grundrecht
Der Bundestagsabgeordnete aus Tübingen zeigte deutlich auf, dass in den letzten 25 Jahren der Soziale Wohnungsbau als wohnungspolitisches Instrument zur Sicherung der Wohnungsversorgung einkommensschwacher Haushalte vernachlässigt wurde. Bis zu 400000 Wohnungen müssten jedes Jahr gebaut werden, um den Wohnraumbedarf zu decken. Wohnen sei ein Grundrecht und gehöre zur Daseinfürsorge der öffentlichen Hand, war sich Kühn mit den intessierten Versammlungsteilnehmern einig. Nur so könnten unverhältnismäßige Mietpreissteigerungen vermieden werden. Bemerkenswert sei, dass von den 30 teuersten Städten Deutschlands sich 17 Städte aus Baden-Württemberg – mit Freiburg an der Spitze – befinden. Als eine Ursache dafür sieht der Bundestagsabgeordnete in der Tatsache, dass durch die Föderalismus-Reform II der Bund Kompetenzen an die Länder abgegeben habe und diese ihrer Verpflichtung bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, nicht in dem erforderlichen Maße nachgekommen seien.
Sozialen Wohnungsbau stärker fördern durch Wohngemeinnützigkeit
Die Ankündigung von Umweltministerin Barbara Hendricks mit mindestens zwei Millionen jährlich den sozialen Wohnungsbau deutlich stärker zu fördern, entspreche einer Forderung der grünen Bundestagsfraktion. Kühn: „Wir haben diese Verdoppelung schon im letzten Haushalt gefordert.“ Die von Finanzminister Schäuble vorgesehene steuerliche Abschreibung werde dem sozialen Wohnungsbau nichts nützen und könnte letztlich in Gebieten mit Wohnraummangel eher noch zu einer Verschärfung der Lage beitragen.Vielmehr sollte sich die Bundesegierung für die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit stark machen. „Das grüne Konzept der Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit schafft neuen und bezahlbaren Wohnraum statt unnötig Geld zu verbrennen.“, ist Christian Kühn überzeugt.
Neue sozial-ökologische Landesbauordnung
Was Baden-Württemberg angehe, so habe die Grün-rote Landesregierung zwei Maßnahmepakete gegen den Wohnraummangel auf den Weg gebracht und ein Förderprogramm für bezahlbaren Wohnraum aufgelegt, das im Vergleich zu 2010 um 60 Prozent erhöht wurde. Durch die Umwandlungsverordnung seien die Kommunen zusätzlich in die Lage versetzt, der Ver-drängung von Mietern bei Umwandlungspekulationen vorzubeuen. Die Landesbauordnung in Baden-Würrtember erfuhr zudem eine sozial-ökologische Neuausrichtung. Mit Interesse registrierten neben den Zuhörern auch die anwesenden grünen Kommunalpolitiker aus der Region, dass nach der Landesbauordnung-Novelle neben Barrierefreiheit, Mobilität (weniger Stellplätze aber Fahrradabstellplätze) und Begrünung auch die Verwendung von Holz als Baustoff möglich ist. Dadurch ergebe sich die Möglichkeit, allen Sicherheits- und Energiestandards gerecht zu werden und auch mehrstöckige Häuser in Holzständerbauweise zu bauen. Die Grün-rote Landesregierung habe weiter ein Sonderbaugrogramm in Höhe von 30 Mio Euro aufgelegt, über den Bundesrat sich für Erleichterungen im Baurecht zur Ermöglichung von Gemeinschaftsunterkünften in Gewerbegebieten eingesetzt und den Ausbau von Notunterkünften forciert.
Die Grünen haben noch viel vor
Die Grünen hätten noch viel vor und erwarten einen Aufbrauch für mehr integrativen, nachhaltigen und günstigen Wohnraum. Regionale revolvierende Wohnungsbaufonds, die finanzielle Unterstützung von Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften bei der Schaffung von sozialem Wohnraum und die Aktivierung von privatem Kapital für den sozialen Wohnungsbau durch steuerliche Anreize seien wichtige baupolitische Instrumente. Manfred Kern, Landtagsabgeordneter im Wahlkreis, wies darauf hin, dass das Land die Mittel für den Wohnungbau in den letzten fünf jahren beträchtlich erhöht habe. Es liege nun auch an den Kommunen, sich stärker als Akteure im sozialen Wohnungsbau zu engagieren. Momentan seien die Zinsen günstig, für die Tilgung könnten die eingesparten Kosten für die Unterkunft von Hartz-IV-Empfänger herangezogen werden. Das Argument der Verschuldung überzeuge ihn nicht. Schließlich stehe der Schuldenaufnahme ein neu geschaffener Vermögenswert gegenüber, der – im Gegensatz zur aufwendigen Umgestaltung des Hockenheimrings im Jahr 2001 – zukünftigen Nutzen und sogar Rendite bringen werde.
Eine lebhafte Diskusion schloss sich an.
Durch Mehrgenerationenprojekte könne ein Mehrfaches an Wohnraum generiert werden, meinte unter anderem der Ortsverbandssprecher der Hockenheimer Grünen, Reinhold Gottfried. Das Projekt „Genossenschaftswohnungen in Wien“ zeige weitere Möglichkeiten auf, Wohnraum zu schaffen.
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